Heimatverein Immenstaad

* 12.10.1904 in Rottenburg a. N.  |  † 23.06.1988 in Immenstaad

Eugen Widmaier 70er Jahre
Eugen Wiedmaier, 70er Jahre

Eugen Wiedmaier wurde am 12. Oktober 1904 als Sohn des Landwirts und Weingärtners Josef Wiedmaier und Maria geb. Ulmer in Rottenburg a. N. geboren. Nach der Volksschule absolvierte er eine Lehre als Wagner in Rottenburg, wo er auch die Gewerbeschule besuchte. Nach der Lehre war er in verschiedenen Betrieben außerhalb von Rottenburg tätig.

1927 kam er nach Immenstaad. 1931 legte er vor der Handwerkskammer Reutlingen die Meisterprüfung als Wagner ab. Anschließend besuchte er einen Karosseriebaukurs beim Landesgewerbeamt Stuttgart. Von Dezember 1934 bis Kriegsende war er in der Schreinerei der Firma Dornier in Manzell beschäftigt.

Familie Wiedmaier 1935
Maria geb. Müller und Eugen Wiedmaier am 8. Mai 1935

Am 1. Oktober 1947 wurde er von der Französischen Besatzungsmacht als Bürgermeister der Gemeinde Immenstaad eingesetzt.

Nach der Auflösung der Schreinerei bei der Firma Dornier arbeitete er neben seiner Tätigkeit als Bürgermeister noch bei seinem Schwager, Wagnermeister Franz Müller, soweit sein Amt dies zuließ.

Bei den folgenden demokratischen Wahlen wurde er drei Mal in seinem Amt bestätigt. Somit war er Bürgermeister bis zum 4. Dezember 1969.

Heinrich Hiestand Eugen Widmaier 1930
Heinrich Hiestand (links) und Eugen Wiedmaier um 1930

Am 23. Juni 1988 verstarb Eugen Wiedmaier in Immenstaad. Sein Nachfolger wurde 1969 Heinz Finkbeiner.

Einige Dinge aus dem Nachlass von Eugen Wiedmaier können Sie in unserem Heimatmuseum anschauen.


In der Wochenzeitung “Die Landpost” war am 15. August 1952 der folgende Artikel abgedruckt:

Die Landpost

Herr Bürgermeister berichtet...

Immenstaad am Bodensee, für viele Menschen jetzt das Ziel ihrer Ferienwünsche, gehört zu jenen Gemeinden, die durch ihre besondere Lage am See und an der Autostraße, die von Lindau kommend am Seeufer entlang nach Meersburg, Konstanz -und der Schweiz führt, sich in steigendem Maße zu einem vielbesuchten Fremdenort entwickeln. In der Erinnerung des ältesten Einwohners lebt noch das Bild des kleinen Winzer- und Fischerdorfes mit etwa 750 Einwohnern, in dem es weder Geschäfte noch Fahrräder und Autos gab.

Heute zählt die Gemeinde 1800 Einwohner, und das Dorf ist vielgesichtiger geworden. Neben den Erntewagen, die eben wieder .hochbeladen die Frucht von den Feldern einbringen, sieht man in den Dorfstraßen elegante Autos und modisch gekleidete Menschen, die hier als Kurgäste ihren Urlaub verbringen und Erholung suchen. Ein Bild bunter Gegensätze! Mit dem Anwachsen der Gemeinde und der Entwicklung des Fremdenverkehrs sind auch ihre Probleme vielseitiger geworden.

Im Gespräch mit Bürgermeister Wiedmaier erhalten wir einen Einblick in die Aufgaben und Nöte, die der Gemeindeverwaltung daraus erwachsen sind.

Mit dem Fremdenverkehr ist des Straßenproblem verknüpft, das in Immenstaad besonders akut ist, da die Autostraße mitten durchs Dorf führt. An besonders verkehrsreichen Tagen reißt die Kette der Autos und Motorräder überhaupt nicht ab. Die Fahrbahn zwischen den nah beieinander liegenden Häusern ist viel zu eng, vorspringende Hausecken ergeben unübersichtliche Strecken und da hindurch zwängt sich wie ein Wildbach in seinem engen Bette der Strom der Fahrzeuge.

Schon vor dem Kriege bestanden zwei verschiedene Projekte für eine Umgehungsstraße, wovon jedoch bisher noch keines zur Ausführung gekommen ist. Immerhin hat das zuständige Straßenbauamt die baldmöglichste Verwirklichung der Pläne zugesichert.

Daß durch eine solche Hauptverkehrsader nicht nur die erwünschten Fremden ins Dorf kommen, gehört mit zu den täglichen Erfahrungen des Bürgermeisters. Nicht selten sind ganze Familien mit Kinderwagen unterwegs, die um Obdach und Unterstützung vorsprechen. Mit der Angabe, aus der Ostzone geflohen zu sein, stimmt es bei näherer Prüfung in den meisten Fällen nicht. Diese Art von Gästen ist verständlicherweise gerade in einem Fremdenort nicht gern gesehen. Mit der geplanten Umgehungsstraße ist die Sorge um den Schulhausneubau verkettet. Man möchte es vermeiden, dass das neue Schulhaus, wieder wie das jetzige, an einer verkehrsreichen Straße steht. Bis der Plan der neuen Straße endgültig festliegt, hat man im alten Haus als vorläufige Lösung durch Umbau der ehemaligen Lehrerwohnung zwei Schulsäle gewonnen.

Vor der Jahrhundertwende stand in Immenstaad der Weinbau an erster Stelle. In besonders ertragreichen Jahren sollen im Winzerverein die Fässer nicht ausgereicht haben, so dass man den Liter Wein zu 12 Pfennig verkaufen musste. Nach 1100 ist infolge von Absatzschwierigkeiten der Weinbau immer mehr zurückgegangen und an seine Stelle sind der Obstbau und der Hopfenanbau getreten, während Getreide und Kartoffeln hauptsächlich für den Eigenbedarf angebaut werden. 60 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe sind motorisiert, eine erstaunliche Zahl, wenn man bedenkt, dass es sich doch durchweg um kleinere Höfe handelt.

Blick auf Immenstaad Herbert Vogt 1952

Bis 1930 war der überwiegende Teil der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Danach verschob sich dieses Verhältnis durch starken Zuzug von Arbeitskräften für die nahe Industrie in Friedrichshafen und Fischbach. In Immenstaad selbst gibt es nur zwei größere Betriebe: Die Baggergesellschaft und die Ziegelei.

Dass zu den Sorgen des Bürgermeisters trotz der vielen Schilder mit der Aufschrift „Zimmer frei" auch der Wohnungsmangel gehört, klingt fürs erste verwunderlich. Es erklärt sich aber, wenn man weiß, dass noch eine Reihe von Häusern und Wohnungen durch eine Dienststelle der französischen Marine beschlagnahmt sind, und dass manche in ungünstigen Wohnverhältnissen lebende Familie sich zu verbessern wünscht, auch um dann ebenfalls ein Schild aushängen zu können: „Zimmer frei". Denn neben den Gasthöfen und Pensionen und Geschäften sind ein großer Teil der Einwohner am Fremdenverkehr unmittelbar interessiert, für die das Vermieten von Privatzimmern eine lebenswichtige Einnahme bedeutet.

Zu den glänzend gelösten Problemen gehört in Immenstaad die Wasserversorgung. Während noch im vorigen Jahr zur heißen Sommerszeit in den höher gelegenen Ortsteilen der Wasserhahn oft halbe Tage lang beim Aufdrehen nichts als einen Seufzer von sich gab, ist nun seit der Inbetriebnahme des neuen Seepumpwerkes dieser Mangel behoben. Mit einer 750 m langen Rohrleitung von 25 cm Durchmesser im See, deren Saugkorb sich in 45 m Tiefe befindet, wird das Wasser mit billigem Nachtstrom in den westlich vom Ort gelegenen, 750 cbm fassenden Hochbehälter gepumpt. In der jetzt anhaltenden Trockenperiode müssen allerdings die Pumpen auch tagsüber in Betrieb bleiben, da der Wasserverbrauch auf 1000 bis 1100 cbm gestiegen ist.

Nachdem nun die Gemeinde unter der Amtsführung von Bürgermeister Wiedmaier das große Projekt der Wasserversorgung durchführen konnte, werden sich auch die anderen noch offenen Probleme lösen lassen, nicht zuletzt der notwendige Umbau des Rathauses, welches seit 1853 seinem Zwecke dienend keinerlei Veränderungen mehr erfahren hat.

Eugen Widmaier als Wagner Herbert Vogt 1952
Eugen Wiedmaier im Jahre 1952 in der Wagnerei Müller | Zeichnung von Herbert Vogt

Diese Zeichnung von Herbert Vogt erschien am 15. August 1952 in der Wochenzeitung “Die Landpost”.

Bürgermeister Wiedmaíer ist übrigens kein gebürtiger Immenstaader, sondern 1927 als Wagner, nach altem Handwerksbrauch auf der Wanderschaft, von Rottenburg a. N. hierhergekommen, um am Ufer des Schwäbischen Meeres sesshaft zu werden. 1937 hat er sein Haus erbaut, 1947 wurde er zum Bürgermeister gewählt. Was sollen wir ihm für 1957 nun noch wünschen?

Geschrieben von Herbert Vogt


Eugen Widmaier Rose Sommer Leypold
Eugen Wiedmaier gemalt von Rose Sommer-Leypold; Besitz Gemeinde Immenstaad

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